
Kann man als Ingenieur im Fernstudium, berufsbegleitend oder nebenberuflich promovieren? Ist die nebenberufliche Promotion eine Alternative zur regulären Promotion, die oft ein Arbeitsverhältnis als wissenschaftlicher Mitarbeiter an einem Forschungsinstitut mit sich zieht? Worin bestehen die Möglichkeiten, Chancen und Risiken dieses eher ungewöhnlichen Wegs? In diesem Beitrag gehe ich anhand meiner Erfahrung auf diese Thematik ein. Konkret erwarten dich folgende Inhalte:
- Wie funktioniert die reguläre Promotion für Ingenieure?
- Die berufsbegleitende Promotion in den Ingenieurwissenschaften
- Nebenberuflich als Ingenieur Promovieren
- Ingenieurspromotion per Studium: Geht das?
- Können Ingenieure im Fernstudium bzw. an einer Fernuni promovieren?
- Mein Fazit: Wann lohnt sich eine nebenberufliche Promotion für Ingenieure?
Wie funktioniert die reguläre Promotion für Ingenieure?
In der Regel promovieren Ingenieure unmittelbar nach dem Abschluss ihres Studiums. Sie sind dann Angestellte einer Universität oder Wissenschaftseinrichtung und erforschen neue Technologien im Rahmen von Projekten. Die Publikation der Untersuchungsergebnisse, die Durchführung von Lehrveranstaltungen und die Vorbereitung neuer Projektanträge gehören grundsätzlich dazu. Die Doktorprüfung findet nach etwa 4 bis 5 Jahren an einer Universität mit Promotionsrecht statt – die Details zur Prüfung sind in den Promotionsordnungen der Universitäten und den Prozessbeschreibungen der Fachschaften beschrieben. Die frisch gebackenen Doktoren im Bereich der Ingenieurswissenschaften sind zum größten Teil anschließend in der Industrie tätig und haben gute Karten, schnell zur Führungskraft aufzusteigen. Eher wenige bleiben in der Forschung und Lehre (z.B. als Postdoc, Abteilungsleiter oder Oberingenieur). In einigen Fällen entstehen auf Basis von Erfindungen und Patentanmeldungen Spin-offs (Ausgründungen).
Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass es an Universitäten sogenannte Graduiertenkollegs gibt, die strukturierte Promotionen mit einer intensiven Betreuung anbieten. Derartige Promotionen sind meist schneller abgeschlossen und die Themen weitgehend vorgegeben. Solche Promotionsstellen sind aber für eine nebenberufliche Promotion prinzipiell ungeeignet.
Die berufsbegleitende Promotion in den Ingenieurwissenschaften
Bei der berufsbegleitenden Promotion ist es üblich, dass Unternehmen – oft sind das große Konzerne – interne Stellen für die promovierenden Ingenieure bereitstellen. Die Doktoranden arbeiten im Unternehmen und widmen sich der Untersuchung von etwas Neuem – meist mit unternehmensbezogener Praxisrelevanz. Die wissenschaftliche Betreuung übernimmt eine Universität (extern). Hierfür gibt es entsprechende Kooperationsverträge. Aus den Aufgabestellungen ergeben sich dann auch automatisch die Themen für die Dissertationen. Die jeweiligen Unternehmen sind an der Nutzung der Ergebnisse unmittelbar interessiert. Man spricht hier auch von der sogenannten Industriepromotion. Aufgrund von Geheimhaltungsvereinbarungen kann es zu Einschränkungen bei Publikationen kommen. Derartige Stellen werden in der Regel direkt von den Unternehmen ausgeschrieben bzw. besetzt und sind in den Ingenieurswissenschaften (Maschinenbau, Elektrotechnik, etc.) eher selten.

Nebenberuflich als Ingenieur Promovieren
Unter der nebenberuflichen Promotion wird hier verstanden, dass der Gegenstand der Promotion nicht im Kontext der hauptberuflichen Tätigkeit steht – er ist davon losgelöst. Bei diesem Weg müssen sich die Ingenieure zwangsläufig selbst um alle Belange des Promovierens kümmern, also um die Aufgabenstellung, Bearbeitung und Betreuung. Das bedeutet, dass das Promotionsthema und ein Doktorvater selbstständig gefunden werden müssen und die Grundvoraussetzungen für die Forschungsaktivitäten in Eigenregie sicherzustellen sind. Nebenher sind selbstverständlich die Promotionsordnung der jeweiligen Universität und die prozessualen Regelungen der Fachbereiche zu beachten. Die Suche, hier etwas passendes zu finden, ist nicht zu unterschätzen. Von Universität zu Universität, von Institut zu Institut und von Bundesland zu Bundesland gibt es viele Unterschiede – und natürlich auch von Mensch zu Mensch. Es muss bedacht werden, dass die Professoren, die wissenschaftlichen Mitarbeiter und das labortechnische Personal an den Universitäten sehr stark in Tagesgeschäft eingebunden sind, was für eine angedachte nebenberufliche Promotion eine nicht unerhebliche Hürde sein kann. Zentrale Fragen sind hier: Warum sollten externen bzw. „freien“ Promovierenden überhaupt Kapazitäten zugestanden werden? Wie kann der Aufwand für eine nebenberufliche Promotion vergütet werden?
Auch diejenigen, die eine nebenberufliche Promotion anstreben, sollten sich fragen, ob sie den nötigen Aufwand für die Vorbereitung und Durchführung stemmen können. Eine Promotion in den Ingenieurswissenschaften benötigt Zeit – viel Zeit. Man muss sich im Klaren sein, ob das nebenberuflich überhaupt zu schaffen ist und ob sich dieser Weg tatsächlich für einen persönlich lohnt bzw. ob man das wirklich will. Aufgrund des Aufwandes, der mit einer nebenberuflichen Promotion in der oben beschriebenen Form verbunden ist, ist es legitim zu fragen, ob eine Ingenieurspromotion auch im Rahmen eines Studiums oder eines Fernstudiums besser wäre – mit mehr Struktur und weniger Unsicherheiten. Aber, funktioniert das überhaupt?

Ingenieurspromotion per Studium: Geht das?
In Deutschland sind Studium und Promotion strikt voneinander getrennt. Eine Promotion im Studium im Ingenieurwesen ist daher an einer deutschen Universität grundsätzlich nicht möglich. Das Studium ist durch die Vorlesungen, Übungen und Prüfungen klar strukturiert und die Lerninhalte sind weitgehend vorgegeben. Bei einer Promotion zum Doktor-Ingenieur wird sehr viel Wert auf eigenständiges, wissenschaftliches Arbeiten gelegt – Art und Umfang der Betreuung sind individuell und hängen oft von den Vorstellungen und Möglichkeiten des Doktorvaters ab.
Wer auf dem Weg zum Doktortitel stärker an die Hand genommen werden möchte und auf der Suche nach einer strukturierten Promotion ist, könnte mit dem internationalen akademischen Grad PhD glücklicher sein. Vorlesungen und Kurse gehören hier in der Regel zum Programm und die Bindung an einen Professor/Lehrstuhl ist weniger ausgeprägt. Allerdings ist dieser Weg oftmals nur im Ausland (z.B. Großbritannien) möglich, mit der Bedingung, auch dort anwesend zu sein bzw. zu leben. Daher fragen sich viele, ob es auch die Möglichkeit gibt, den „Dr.-Ing.“ wie bei einem Fernstudium über eine Fernuni (ggf. auch im Ausland) zu erlangen.
Können Ingenieure im Fernstudium bzw. an einer Fernuni promovieren?
Wer in Deutschland als Ingenieur über eine Fernuni promovieren möchte, steht vor der großen Herausforderung, überhaupt ein solches Angebot zu finden. Zwar bieten viele Fernunis Promotionsbegleitungen an, aber für die typischen Fachrichtungen im Ingenieurwesen wie Maschinenbau und Elektrotechnik ist das Angebot undurchsichtig. Über diesen Blog und meinen YouTube-Kanal erreichten mich Zuschriften von Interessierten, die nach eigenen Recherchen keine derartigen Möglichkeiten gefunden haben und mich um Hilfe gebeten haben. Tatsächlich scheint die Sachlage kompliziert zu sein. Mir ist es bisher auch nicht gelungen, solche Leistungen für Ingenieure zu finden.
Es scheint darauf hinauszulaufen, dass bei den jeweiligen Fernunis erst individuell angefragt werden muss, ob derartige Fachbereiche mit abgedeckt werden. Im Grunde zeigt sich hier nahezu die gleiche Problematik, wie bei der oben beschriebenen nebenberuflichen Promotion, dass man vieles selbst organisieren muss. Das ist kein Wunder, denn schlussendlich ist der Weg ein ähnlicher – mit evtl. mehr Unterstützung (gegen Entgelt). Auch bei einer Promotion über eine Fernuni müsste grundsätzlich eine Instanz mit Promotionsrecht miteinbezogen werden. In Deutschland sind das typischerweise die Universitäten – und hier schließt sich der Kreis.
Es ist mir auch nicht gelungen, herauszufinden, inwieweit kommerzielle Kooperationen mit Universitäten aus dem Ausland hier eine bessere Alternative liefern. Bei Abschlüssen im Ausland ist grundsätzliche auch darauf zu achten, inwiefern diese hier in Deutschland anerkannt werden. Außerdem ist prinzipiell die Seriosität etwaiger Angebote zu prüfen. [Wer hier zufälligerweise eine gute Möglichkeit zur Promotion über eine Fernuni oder dergleichen in Deutschland oder im Ausland kennt, die zum „Dr.-Ing.“ führt, kann gerne das Kommentarfeld nutzen oder eine PN an mich schicken. Ich bin gespannt.]
Mein Fazit: Wann lohnt sich eine nebenberufliche Promotion für Ingenieure?
Eigentlich ist der ideale Zeitpunkt für eine Promotion in den Ingenieurswissenschaften an einem Universitätsinstitut oder einer außeruniversitären Forschungseinrichtung (z.B. Fraunhofer, Helmholtz, PTB, BAM) direkt nach dem Studium. Der Einstieg ist oft am einfachsten, weil schon im Vorfeld die Rahmenbedingungen, wie z.B. die Projektlage an den Instituten, geklärt und Kontakte zu wichtigen Schlüsselpersonen geknüpft werden können. Die Vergütung als wissenschaftlicher Mitarbeiter erfolgt meist nach der Entgeltgruppe TV-L 13 (Vollzeitstelle), was im Vergleich zum Studentenbudget eine enorme Steigerung ist. Und die gesamte berufliche Karriere steht einem danach noch offen – mit Doktortitel. Es kommt aber auch vor, dass einige Studienabsolventen erst einmal ein paar wenige Jahre in der Wirtschaft arbeiten, Berufserfahrung sammeln und sich dann für eine Promotion direkt an einem Forschungsinstitut entscheiden.
Eine berufsbegleitende Promotion als Ingenieur lohnt sich insbesondere für diejenigen, die für ihre nächste Karrierestufe zwingend einen Doktortitel benötigen. Dies kann dann der Fall sein, wenn in großen Konzernen eine Leitungspositionen (z.B. im Bereich Forschung und Entwicklung) neu zu besetzen ist. Entsprechende Kontakt zu Universitäten mit Promotionsrecht können über das Netzwerk des Unternehmens aufgebaut werden – in vielen Fällen sind diese bereits vorhanden. Dieser Schritt kann auch noch viele Jahre nach dem Studium gegangen werden. Aber auch unmittelbar danach, wenn die Unternehmen ein besonders Interesse an Ergebnissen aus der Spitzenforschung haben und in ihrem Unternehmen entsprechende fachliche Kompetenzen aufbauen wollen.
Eine nebenberufliche Promotion ist für diejenigen interessant, die sich losgelöst von ihren hauptberuflichen Verpflichtungen intensiv mit der Erforschung einer ingenieurstechnischen Fragestellung beschäftigen möchten, um den Doktortitel zu erhalten. Der Aufwand ist durch die erforderliche Selbstorganisation und das nebenberufliche Forschen hoch. Außerdem ist es kompliziert, eine entsprechende Betreuung über eine Universität, insbesondere in Bezug auf die Doktorprüfung, zu bekommen.
Wer sich eine strukturierte Promotion wünscht, kann einerseits auf PhD-Programme (im Ausland) zurückgreifen oder versuchen, über eine deutsche Fernuni ein entsprechendes Betreuungsangebot zu bekommen. Hierbei sollte aber auch geprüft werden, wie die Anbindung an das Netzwerk aus Wissenschaftlern und der Zugriff auf Labore gestaltet sind, und, welche apparative Ausstattung (z.B. Maschinen für Versuche, Analysegeräte und Simulationsmöglichkeiten) vorhanden bzw. zur Verfügung stehen ist.
Wenn du davon träumst, den akademischen Grad Doktor-Ingenieur „ganz lässig nebenbei“ zu erlangen, muss ich dich leider enttäuschen. Hinter einer Promotion in den Ingenieurwissenschaften steckt eine ganze Menge Arbeit. Dabei geht es nicht nur um die Erfüllung der Pflichtaufgaben, die sich aus der Promotionsordnung ergeben, sondern um das Erlangen eines ausgeprägten fachlichen und methodischen Verständnisses, was eigentlich am besten im Rahmen einer mehrjährigen wissenschaftlichen (Vollzeit-)Tätigkeit an einer Forschungseinrichtung mit entsprechender Ausstattung möglich ist. Es gilt, tief in die Forschungslandschaft einzutauschen, sich mit anderen Wissenschaftlern auszutauschen, die Ergebnisse einem Fachpublikum zugänglich zu machen (z.B. in Fachzeitschriften oder auf internationalen Konferenzen). Hier muss man sich selbständig durchkämpfen, was über einen so langen Zeitraum nicht einfach ist. Wenn man das aber geschafft hat, hat man sich in den Fachdisziplinen bewiesen und entsprechende Softskills erworben. Dies bewirkt automatisch auch eine bestimmte Persönlichkeitsentwicklung und wird mit der erfolgreichen Promotion zum Doktor-Ingenieur belohnt. Von daher ist der Dr.-Ing. sowohl national als auch international ein Aushängeschild für die hohe Qualität der Ausbildung.
Wenn du eine konkrete Vorstellung von deinem Karriereweg hast, für eine Promotion innerlich berennst und vorher sorgsam geprüft hast, welcher Weg und welches Ziel realisierbar sind, hast du ein gutes Fundament für die Verwirklichung deiner Vorstellung geschaffen. Nutze gern das Wissen aus meinem Praxisratgeber „Die smarte Promotion zum Doktor-Ingenieur“, in dem ich anhand meiner Erfahrung den klassischen Weg zum Doktortitel beschreibe – auf eine nebenberufliche Promotion ist sicher vieles übertragbar.
Ich wünsche dir viel Erfolg!

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- Welche Tätigkeiten dich als Doktorand und wissenschaftlicher Mitarbeiter erwarten
- Wie du eine passende Stelle an einem Institut findest und wie der Einstieg in Forschung und Lehre funktioniert
- Wie du deine Arbeit zielgerichtet und effizient durchführst, welche Hilfen es gibt und um welche Fallen du einen Bogen machen solltest
- Mit welchem Vorgehen du deine Promotion systematisch planen und erfolgreich realisieren kannst
- Wie du das Thema für deine Dissertation generierst, den Inhalt abstimmst und den Text verfasst
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Autor:
Dr.-Ing. Hanns Kache
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Zugunsten einer besseren Lesbarkeit wird die männliche Form verwendet. Selbstverständlich beziehen sich alle Bezeichnungen von Personen gleichermaßen auf alle Geschlechter – männlich, weiblich und divers (m/w/d).
Dieser Beitrag wurde mit großer Sorgfalt erstellt und enthält die persönliche Erfahrung und Meinung und Informationen zum Praxisratgeber „Die smarte Promotion zum Doktor-Ingenieur“ von Dr.-Ing. Hanns Kache. Die im Rahmen dieses Beitrags zur Verfügung gestellten allgemeinen Informationen können allerdings weder allumfassend noch auf die speziellen Bedürfnisse eines bestimmten Einzelfalls zugeschnitten sein. Eine Gewährleistung oder Garantie für Aktualität, Richtigkeit, Vollständigkeit sowie Qualität der in diesem Beitrag enthaltenen Informationen kann nicht übernommen werden. Dieser Beitrag stellt keine steuerliche, rechtliche oder sonstige fachliche Beratung dar. Dieser Beitrag kann und soll eine individuelle und verbindliche Beratung und Betreuung – insbesondere durch eine Universität oder Hochschule – nicht ersetzen. Eine Haftung für ein Tun oder Unterlassen, das auf Basis der Informationen dieses Beitrags vorgenommen wird, ist daher im weitest zulässigen Rahmen ausgeschlossen.
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