7 elementare Fragen und Antworten zur Promotion als Ingenieur (Dr.-Ing./PhD)

Universität Promotion Ingenieur

Wie lange dauert die Promotion in den Ingenieurwissenschaften? Ist ein bestimmter Notendurchschnitt erforderlich und wie umfangreich muss die Doktorarbeit sein? Wie viel verdient man als promovierter Ingenieur und versperrt man sich mit Doktortitel Karrierechancen? Derartige Fragen beschäftigen viele Studierende und Interessierte. Tatsächlich sind manche überrascht, wenn sie sich unvorbereitet ins Abenteuer stürzen und plötzlich mit einer unerwarteten Realität konfrontiert werden. In diesem Beitrag gehe ich anhand meiner Erfahrung auf diese sieben Fragen zur Ingenieurspromotion ein:

1. Kann man im Ingenieurbereich promovieren?

Ja, eine Promotion in den Ingenieurwissenschaften, wie z.B. Maschinenbau, Elektrotechnik oder Bauingenieurwesen ist grundsätzlich möglich. Es war Kaiser Wilhelm II, der im Jahr 1899 den akademischen Grand „Doktor-Ingenieur“ einführte [HEI19]. Universitäten mit Promotionsrecht haben die Zulassungsvoraussetzungen und die Prüfungskriterien individuell in ihren Promotionsordnungen festgelegt. Eine wesentliche Voraussetzung ist in der Regel ein erfolgreich abgeschlossenes Studium. Ein vertiefter Blick in die Promotionsordnungen ist allemal lohnend, um verlässliche Antworten auf häufig gestellte Fragen zu erhalten, wie z.B. welche Prüfungsleistungen erforderlich sind oder wie der Ablauf der Promotion formell geregelt ist. Aus meiner Sicht ist es vor allem wichtig, dass du dich für wissenschaftliches Arbeiten begeistern kannst. Eine Promotion als Ingenieur bietet meiner Erfahrung ein äußerst spannendes Tätigkeitsspektrum, erfordert aber auch sehr viel Textarbeit.

Es ist üblich, dass die Doktoranden während ihrer Promotion als wissenschaftliche Mitarbeiter an einem Forschungsinstitut beschäftigt sind. Hierfür ist im Vorfeld ein Bewerbungsverfahren zu durchlaufen. Wie du ein passendes Institut findest und wie du dich auf den Bewerbungsprozess vorbereiten solltest, beschreibe ich anhand meiner Erfahrung in dem Praxisratgeber „Die smarte Promotion zum Doktor-Ingenieur“.

Ratgeber mit Antworten Ingenieurspromotion

2. Ist ein bestimmter Notendurchschnitt erforderlich?

Ob ein bestimmter Notendurchschnitt für die Promotion als Ingenieur erforderlich ist, hängt rein formell gesehen von den Regelungen in der Promotionsordnung ab. Bei der Sichtung einiger Promotionsordnungen ist mir beispielsweise für den Fachbereich Maschinenbau aufgefallen, dass grundsätzlich kein bestimmter Notendurchschnitt erforderlich ist, sofern du ein fachlich einschlägiges und erfolgreich abgeschlossenes Masterstudium vorweisen kannst. Die Abschlussnote deines Ingenieurstudiums kann hingegen dann relevant sein, wenn du von diesem Weg abweichen solltest und z.B. nur über einen Bachelor-Abschluss verfügst. Dann kannst du, am Beispiel der Leibniz Universität Hannover, unter speziellen Voraussetzungen zur Promotion zugelassen werden, wenn du einen Abschluss mit hervorragendem Prädikat vorweisen kannst [LUH22].

Wenn du als Doktorand an einem Forschungsinstitut oder in der Industrie arbeitest, ist wie oben bereits genannt, vorher ein Bewerbungsprozess zu durchlaufen. Dabei sind die Voraussetzungen in den Stellenausschreibungen geregelt. Achte daher darauf, ob hier bestimmte Anforderungen bezüglich der Abschlussnote bestehen.

3. Wie lange dauert die Promotion als Ingenieur?

Auf die exakte Dauer der Promotion haben verschiedene Faktoren einen Einfluss, wie z.B. das persönliche Engagement und die Verfügbarkeit von Ressourcen für beispielsweise Untersuchungen und Analysen. Als Faustregel kann jedoch gelten, dass eine Promotion in den Ingenieurwissenschaften ungefähr genauso lange dauert wie ein ganzes Studium. Zur exakten Dauer gibt es unterschiedliche Angaben. An einigen Stellen wird berichtet, dass die Promotion als Ingenieur etwa 4 bis 5 Jahre dauert. Nach Angeben der TU Darmstadt können für ein Promotionsverfahren im Fachbereich Maschinebau 3 bis 5 Jahre angesetzt werden [TUD25]. Das durchschnittliche Alter der Absolventen im gesamten Bereich der Ingenieurswissenschaften liegt einer Untersuchung des Statistischen Bundesamtes zufolge bei 31,6 Jahren [DES20]. Wichtig ist nach meiner Erfahrung, dass du dein Promotionsverfahren eigenständig und kontinuierlich vorantreibst.

4. Wie lang ist eine Doktorarbeit im Ingenieurwesen?

Nach meinen Beobachtungen sollte der Text einer Doktorarbeit im Ingenieurwesen einen Umfang von über 100 Seiten haben. Die exakte Länge bzw. die tatsächliche Seitenanzahl der Dissertation ist aber grundsätzlich einzelfallabhängig. Entscheidende Faktoren sind prinzipiell der Umfang der Forschungsarbeiten, die erforderliche Abgrenzung zum Stand der Wissenschaft, die eigenen Vorstellungen sowie die Vorgaben des Doktorvaters und der Prüfer. Einen guten Anhaltswert können frühere Dissertationen aus dem jeweiligen Umfeld bieten. Das Verfassen einer Dissertation in den Ingenieurswissenschaften ist nicht mit dem Schreiben einer Bachelor- oder Masterarbeit vergleichbar – der Aufwand pro geschriebener Seite ist höher. Es gilt, sich klar und präzise auszudrücken und die Inhalte wissenschaftlich fundiert darzustellen. Es sollten auch viele Abbildungen und Tabellen integriert werden. Eine gute Vorbereitung und eine strukturierte Arbeitsweise sind hier sehr hilfreich, um das Werk sicher zu verfassen und den Gedankengang nachvollziehbar zu beschreiben. Wenn du zu Anfang viel Arbeit in die Struktur deiner Dissertation investiert, fällt dir das Schreiben deutlich leichter.

Falls du das Schreiben vieler Seiten Text fürchtest oder meinst, dass eine Doktorarbeit nur etwas für Nerds ist, solltest du mein kostenloses Video auf YouTube ansehen. Darin zeige ich dir, wie du ohne Blockade ins Schreiben kommst und mit welchem Trick sich der Text der Doktorarbeit/Dissertation fast wie von selbst schreiben lässt – vollkommen ohne Künstliche Intelligenz (KI) oder Chatbots:

5. Lohnt die Promotion in den Ingenieurwissenschaften?

Eine Promotion in den Ingenieurwissenschaften lohnt sich grundsätzlich für diejenigen, die sich für Forschung begeistern und als Führungskraft Karriere machen möchten. Im Bereich der Forschung kannst du selbstständig umfangreiche Projekte durchführen und Ideen für neue Vorhaben einbringen. Durch die frühzeitige Übernahme von Verantwortung kannst du dich gleichzeitig für Leitungspositionen qualifizieren. Während deiner Promotion besteht die Möglichkeit, dass du dich auf Basis deiner fachlichen und wissenschaftlichen Expertise mit anderen Forschenden und Unternehmen vernetzt. Aus diesem Netzwerk können z.B. deine nächsten Arbeitgeber aus der Industrie oder Kooperationspartner (u.a. erste Kunden, Referenzen) für dein Spin-off hervorgehen. Der Doktortitel (Dr.-Ing.) lohnt sich für Ingenieure dahingehend, dass sie sowohl in der Wissenschaft als auch in großen Unternehmen leichter die nächsten Karrierestufen erreichen – was sich auch in einem entsprechenden Gehaltsplus ausdrückt.

6. Wie viel verdient man als promovierter Ingenieur (Dr.-Ing.)?

Das Einstiegsgehalt promovierter Ingenieure liegt im Durchschnitt bei rund 75.100 Euro brutto. Dieser Wert ergibt sich, wenn die Angaben aus der Gehaltsstudie von ingenieur.de aus dem Jahr 2019 zugrunde gelegt werden und die Inflationsrate bis 2024 mit eingerechnet wird. In der Praxis kann das Doktoren-Gehalt schon direkt (nach dem Verlassen der Forschungseinrichtung) beim Einstieg in die Industrie gezahlt werden. Es ist aber auch üblich, dass das Gehaltsplus erst mit dem Bestehen, bzw. Vollenden der Doktorprüfung gewährt wird. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass ein frisch promovierter Ingenieur während seiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter schon einige Jahre an Berufserfahrung gesammelt hat und somit logischerweise ein höheres Einstiegsgehalt in der Industrie erwarten kann, als ein Absolvent eines Master-Studiengangs, der gerade erst ins Berufsleben einsteigt. Inwiefern sich der Doktortitel „Dr.-Ing.“ für dich in der Industrie auszahlt, ist meiner Erfahrung nach insbesondere von folgenden Punkten abhängig:

  • Branche des Unternehmens (z.B. Maschinenbau, Elektrotechnik, Medizintechnik)
  • Unternehmensgröße (z.B. KMU, Konzern, Start-up) und Standort
  • Grad der Verantwortung (z.B. Leitungsposition mit Personalverantwortung)
  • Fachrichtung deines Studienabschlusses
  • Qualifikation, Fachkenntnis und Erfahrung, die du während deiner Promotion erworben hast
  • Doktorprüfung bereits abgelegt und bestanden

Wenn du weiterhin an einer Wissenschaftseinrichtung im Bereich Forschung und Lehre tätig sein möchtest, richtet sich dein Gehalt in der Regel nach den Tarifen, bzw. Entgeltgruppen im öffentlichen Dienst der Länder (TV-L).

7. Wie ich von meiner Promotion profitiert habe

Im Rahmen meiner Promotion habe ich neue Produktionstechnologien erforscht und entwickelt. Durch Kooperationsprojekte mit der Industrie konnte ich frühzeitig einen guten Einblick in die technische und wirtschaftliche Umsetzung von Entwicklungsergebnissen bekommen. Im Anschluss an meine Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter habe ich mich bei dem Beratungsunternehmen EZN in Hannover im Bereich der Realisierung von Innovationen engagiert und bin heute geschäftsführender Gesellschafter des Unternehmens. Zusammen mit meinem Team helfe ich Unternehmen, Startups, Hochschulen und Erfindern bei der Entwicklung und Kommerzialisierung von innovativen Technologien – insbesondere im Zusammenspiel mit Patentanmeldungen, Fördermitteln und Venture Capital. Die im Rahmen meiner Promotion erworbenen analytischen und fachlichen Fähigkeiten und Kenntnisse sind für mich unentbehrlich für:

  • Das Verständnis von z.B. Erfindungsmeldungen und neuen technischen Ansätzen aus den unterschiedlichsten Fachbereichen
  • Den Dialog mit Experten, Kunden, Führungskräften und Projektträgern
  • Verständnis für den Technologietransfer im universitären Bereich
  • Die Konzipierung von Entwicklungsprojekten
  • Das Verfassen von Drittmittelanträgen
  • Das Schreiben von Fachbeiträgen/Veröffentlichungen
  • Führung meines Unternehmens und meines Teams
Doktor Ingenieur Hanns Kache

Lesetipp: Wie meine Promotion zum Doktor-Ingenieur ablief

Zusammenfassung der wesentlichen Punkte zum „Dr.-Ing.“

Im Folgenden eine tabellarische Zusammenfassung zu den wesentlichen Eckdaten einer Promotion in den Ingenieurswissenschaften (detaillierte und verbindliche Informationen gibt es bei den Fachschaften der Universitäten mit Promotionsrecht).

Allgemeine Eckdaten zur Promotion als Ingenieur

Dauer der Promotion3 bis 5 Jahre
Wesentliche Voraussetzungi.d.R. bestandenes Masterstudium
Erforderlicher Notendurchschnittin Promotionsordnung geregelt
PrüfungsleistungenDissertation, Fachvortrag und mündliche Prüfung
Umfang der Doktorarbeit/Dissertation> 100 Seiten
Akademischer GradDoktor-Ingenieur bzw. Doktor-Ingenieurin, kurz „Dr.-Ing.“
Qualifikation fürForschung, Entwicklung, Leitungsposition

Ich hoffe, dass ich mit diesem Beitrag ein wenig Licht ins Dunkel gebracht habe und dir einige wesentlichen Punkte rund um die Ingenieurspromotion klar geworden sind. Ich wünsche dir auf deinem weiteren Weg viel Erfolg!

Autor: Dr.-Ing. Hanns Kache

Zur Übersicht: Promotion

Quellen

[DES20] DESTATIS: Bildung und Kultur, Prüfungen an Hochschulen. Fachserie 11 Reihe 4.2. Statistisches Bundesamt, 2020

[HEI19] Heiß, H.-U.:  Ein Plädoyer für die Promotion als Ingenieur. Forschung & Lehre. 25.02.2019.     

[LUH22] Gemeinsame Promotionsordnung der Fakultät für Maschinenbau und der Leibniz-Forschungsschule für Optik & Photonik der Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover, 2022

[TUD25] TU Darmstadt, Homepage, PROMOTIONSVERFAHREN Allgemeine Hinweise https://www.maschinenbau.tu-darmstadt.de/forschen/promotion_und_habilitation/index.de.jsp

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Hinweis und Haftungsausschluss:

Zugunsten einer besseren Lesbarkeit wird die männliche Form verwendet. Selbstverständlich beziehen sich alle Bezeichnungen von Personen gleichermaßen auf alle Geschlechter – männlich, weiblich und divers (m/w/d).

Dieser Beitrag wurde mit großer Sorgfalt erstellt und enthält die persönliche Erfahrung und Meinung und Informationen zum Praxisratgeber „Die smarte Promotion zum Doktor-Ingenieur“ von Dr.-Ing. Hanns Kache. Die im Rahmen dieses Beitrags zur Verfügung gestellten allgemeinen Informationen können allerdings weder allumfassend noch auf die speziellen Bedürfnisse eines bestimmten Einzelfalls zugeschnitten sein. Eine Gewährleistung oder Garantie für Aktualität, Richtigkeit, Vollständigkeit sowie Qualität der in diesem Beitrag enthaltenen Informationen kann nicht übernommen werden. Dieser Beitrag stellt keine steuerliche, rechtliche oder sonstige fachliche Beratung dar. Dieser Beitrag kann und soll eine individuelle und verbindliche Beratung und Betreuung – insbesondere durch eine Universität oder Hochschule – nicht ersetzen. Eine Haftung für ein Tun oder Unterlassen, das auf Basis der Informationen dieses Beitrags vorgenommen wird, ist daher im weitest zulässigen Rahmen ausgeschlossen.

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